September 2025: Hunde erziehen perfekte Hunde

September 2025: Hunde erziehen perfekte Hunde

04.09.2025
Hunde schaffen es perfekt, ihren jungen Rudelmitgliedern klar und deutlich Verhaltensgrenzen aufzuzeigen, innerhalb derer sie sich bewegen dürfen. Die Erziehung ist nicht auf ein bestimmtes Lernziel gerichtet, außer darauf, dass jedes Rudelmitglied lernen muss, sich anzupassen und Tabus der älteren Tiere zu akzeptieren. 

Ein großer Teil der Erziehung geschieht im Spiel. Mit Welpen spielen die erwachsenen Rudelmitglieder noch ausgelassen. Sie dürfen fast alles. Großzügig und tolerant ertragen die Alten jedes Zippen am Fell und Bisse in die Läufe. Erst wenn es weh tut, reagieren Sie mit einem Schnauzgriff oder mit der Beendigung des Spiels. 
Nicht viel später, zumeist im vierten, spätestens im fünften Monat, verändert sich das Verhalten der Erwachsenen den nun jungen Wilden gegenüber häufig von einem Tag auf den anderen. Plötzlich dürfen sie sich nicht mehr ein Fitzelchen dessen erlauben, was am Tag zuvor noch großzügig übersehen wurde. Wer selbst einen älteren Hund besitzt und einen Welpen dazu nimmt, kann das sehr gut beobachten. 
Die Reaktion ist manchmal so heftig, dass man selbst erschreckt. Der junge Hund erschreckt natürlich auch, und genau das ist der Sinn und Zweck dieser Veränderung. 

Das Ende der Narrenfreiheit muss sein, denn sonst würde das geschehen, mit dem wir als Besitzer von Hunden in diesem Alter fast immer Probleme haben: der Schnösel nimmt uns nicht ernst! Natürlich bemerkt ein erwachsener Hund sehr viel schneller als wir Menschen, dass sich der Jungspund gerade verändert, frecher wird und freier, mehr ausprobiert und mehr wissen will. 
Wie bestrafen Hunde die Welpen und Junghunde ihres eigenen Rudels? 

Welpen bis 9. Woche       Welpen ab der 9. Woche 
Ignorieren:   58,14 %           11,21 %
Schnauzgriff: 24,56 %        49,53 % 
Auf-den-Boden-Drücken:   17,30 %   39,72 % 
(Quelle: Bloch: Der Wolf im Hundepelz, Stuttgart 2004) 

Wir sehen, dass sich das Verhalten erwachsener Hunde im Laufe des Heranwachsens der Jungen stark verändert. So sollte es auch sein, wenn ein Hund in unserer Familie lebt. Einen Welpen sollten wir sehr tolerant behandeln und Fehlverhalten meistens mit Ignoranz quittieren, einem Junghund dagegen sollten wir augenblicklich und unmissverständlich klarmachen, wenn er eine Grenze überschritten hat. Für uns Menschen heißt das: Wir haben etwa eine Sekunde Zeit, unseren Hund zu bestrafen, zu korrigieren, ein Verhalten zu unterbrechen … oder wie man es auch immer nennen möchte. 

Viele erzieherische Maßnahmen greifen bei einem erwachsenen Hund nicht mehr so gut wie bei einem Welpen oder Junghund, ein erwachsener Hund ist in der Lage, über andere Wege zu lernen und verlangt zu Recht danach, auch eigene Entscheidungen treffen zu dürfen. Und was hat das mit den wilden Zeiten zu tun, in denen sich unser pubertierender Junghund befindet? Nun, er befindet sich irgendwo dazwischen. Er ist kein junger Junghund mehr, aber auch noch kein Erwachsener, nicht Fisch, nicht Fleisch. Das macht den Umgang mit ihm so schwierig. 

Und wie lebt es sich in einem richtigen Hunderudel, wenn man dort ein pubertierender Junghund ist? Eigentlich richtig schön. Spaziergänge sind nicht sinnfrei, sondern Jagdausflüge oder Kontrollgänge durch das Revier. Benimmt man sich daneben, geschieht erst einmal nichts. Übertreibt man es aber, dann bekommt man eins auf die Mütze. Meistens wird man gleichzeitig angeknurrt, heruntergedrückt und fixiert. Manchmal gibt es auch einen unsanften Stoß gegen die Schulter. Natürlich beschwichtigt ein Junghund dann schnell durch Belecken des Fangs oder ergibt sich durch Wegdrehen, und dann versöhnt man sich wieder. Es gibt immer sofort eine Versöhnung, kein Rudelmitglied ist länger als wenige Sekunden sauer. 
(Auszug aus: Pubertät und wilde Zeiten, Martina Nau, Cadmos Verlag)

Herzliche Grüße 
Ihre Martina Nau