Diese Frage stellen sich viele Hundebesitzer. Sie ist nicht nur interessant, sondern auch wichtig, möchte man den Jagdtrieb seines Vierbeiners kontrollieren. Teilen wir die jagende Hundewelt erst einmal in zwei Gruppen: Typ A und Typ B. Hunde des Typs A sind diejenigen, die einen richtigen Jagdtrieb besitzen. Die meisten Angehörigen der Jagdhundrassen gehören dazu, Mischlinge aus ihnen, häufig südländische Hunde, die sich durch Jagen selbst ernähren mussten und als Besitzer einer abgewandelten Form des Jagdtriebs auch Hütehunde mit einem extremen Hütetrieb.
Alle diese Hunde nehmen systematisch und gezielt Fährten und Spuren auf. Sie rennen häufig mit tiefer Nase und sind offensichtlich darauf aus, irgendetwas zu finden. Flieht ein Kaninchen, schießen sie hinterher und geben auch nicht auf, wenn es längst außer Sicht geraten ist. Im Gegenteil:

meistens ist auch der Hund länger verschwunden. Kommt er zurück, bringt er häufig Kratzer, Lehm und Sand mit: die Spuren äußersten Bemühens, ans Wild heranzukommen. Andere A-Typen scannen ununterbrochen den Horizont ab. Sie sind Sichtjäger und warten nur auf die kleinste Bewegung eines Tieres, um dann wie eine Rakete loszuschießen.


Hundes des Typs B geben zwar häufig das Bild eines jagenden Hundes ab, doch schaut man genauer hin, sieht man, dass sie ganz anders an dieses Vergnügen herangehen als ihre Kollegen vom Typ A. Sie schnüffeln hier und dort am Boden, nehmen aber nicht gezielt Fährten auf. Sie laufen zwar mit Vorliebe weit weg und ziehen große Kreise, doch sie rennen offensichtlich nur, weil sie das Rennen lieben. Kommt ihnen zufällig ein Fasan entgegen oder sie machen einen Hasen hoch, dann rennen sie natürlich hinterher, lassen aber auch schnell von ihnen ab, wenn sie diese nicht mehr sehen. Langeweile steckt häufig dahinter oder ein großer Bewegungstrieb oder ein liebgewordenes Hobby, von dem sie nicht wissen, dass es eigentlich verboten ist.
Was sagt uns das jetzt? Bei Hunden des Typs B reicht fast immer ein vernünftiges Training der Gehorsamkeit und Impulskontrolle, Auslastung des eventuell großen Bewegungstriebs und zudem regelmäßige Beschäftigung im Haus und auf Spaziergängen.

Hunde vom A-Typ benötigen auch all dies, nur von jedem eine größere Portion mit wesentlich mehr Konsequenz. Statt einer witzigen Beschäftigung brauchen sie eine sinnvolle, der Rasse entsprechenden Triebauslastung. Diese sollte aus einem aufbauenden Training bestehen, damit der Hund bemerkt, dass er eine wertvolle Tätigkeit ausführt, die ihn fordert. Ob dies Mantrailing ist, Fährtenarbeit, Rettungshundearbeit oder Apportiertraining – das hängt von vielen Faktoren ab. Typ-A-Hunde vom Jagen abzubringen, erfordert viel Geduld und ein systematisches Training über einen längeren Zeitraum, häufig bis zum Lebensende, denn sobald Gehorsamkeit und Triebauslastung nachlassen, wächst das Interesse an Wild.

Sie sind sich nicht sicher, ob Ihr Hund Jagdtyp A oder Jagdtyp B ist? Mit einem ersten kleinen Test werden Sie klarer sehen:

Gehen Sie mit Ihrem Hund an einer etwa acht bis zehn Meter langen Schleppleine über ein vollkommen unbekanntes Feld. Beobachten Sie ihn nun genau. Wo beginnt und wo endet bei Ihrem Hund die Jagdsequenz? Fixiert er? Reckt er bereits ab dem ersten Meter die Nase in den Wind? Scannt er unaufhörlich den Horizont ab? Wird er starr und ist er nicht mehr ansprechbar? Kann er die Übungen, die im Haus und im Garten gut funktionieren, noch ausführen oder ist er mit seinen Gedanken nicht mehr bei Ihnen? (Achtung: Das können Sie nur entscheiden, wenn er diese Übungen wirklich an vielen verschiedenen Orten bereits gut ausführen kann.) Nimmt er nach wenigen Metern bereits die ersten Fährten auf? Wirft er sich hierbei womöglich laut bellend und winselnd in die Leine? Zeigt er häufig das jagdhundtypische Vorstehen – mit erhobenem Vorderlauf oder mit beiden Läufen auf dem Boden, den Hals gleichzeitig starr nach vorne gereckt?


Wenn Sie die meisten dieser Fragen mit „Ja“ beantworten, dann ist Ihr Hund vermutlich Typ A. Haben Sie dagegen öfter „Nein“ oder „Nicht unbedingt“ gesagt (es geht wohlgemerkt bereits um die ersten Meter nach Beginn des Spaziergangs), dann liegt der Verdacht nahe, dass der Jagdtrieb Ihres Hundes durchaus nicht so extrem sein könnte, wie Sie vielleicht denken. Wahrscheinlich ist er Typ B. Voraussetzung für diesen Test ist allerdings, dass Ihr Hund bei geringen Außenreizen relativ gehorsam ist, beziehungsweise Sie seine Aufmerksamkeit leicht auf sich ziehen können. Nur wenn dies der Fall ist, dann ist der Test auch aussagekräftig.


Als Nächstes suchen Sie mit dem angeleinten Hund gezielt Wild. Dies kann im Wald sein oder in einem öffentlichen Park oder in einem Wildpark. Wie reagiert er nun? Genauso wie auf der Wiese? Oder heftiger? Oder vielleicht auch weniger heftig? Konzentrieren Sie sich nur auf Ihren Hund und lassen Sie ihn nicht aus den Augen. Sie kennen ihn am besten. Ist seine Reaktion eine alltägliche oder gibt es etwas Besonderes an ihr, das Ihnen noch nicht aufgefallen ist?
Gerne möchte ich es noch einmal wiederholen: Wichtig ist bei diesem Test, dass der alltägliche Grundgehorsam in reizarmen Situationen gut ist. Ansonsten können Sie nicht entscheiden, warum Ihr Hund zum Beispiel an der Leine zieht oder warum er kein „Sitz“ oder „Platz“ macht.


Auch sollten Sie genau hinschauen, ob Ihr Hund seine Nase ins Gras hält, weil er ein Mäuschen riecht oder ob er sich für die Markierung eines anderen Hundes interessiert. Im Zweifelsfall fragen Sie den besten Hundetrainer der Welt: Ihren eigenen gesunden Menschenverstand.

Viel Erfolg beim Training wünscht Ihnen


Ihre Martina Nau
und das Baak-Dogwalker-Team