Einer der häufigsten Gründe, aus denen Hundehalter mich kontaktieren, ist Aggression gegenüber anderen Hunden. In diesen Fällen mag der betreffende Hund meistens gar keine Hunde. Er hat Angst vor ihnen, möchte sie nieder prügeln oder er zeigt sich aggressiv, weil er frustriert ist, weil er an der Leine nicht zu dem anderen Hund kann.

Das Letztere ist definitiv der häufigste Fall. Das ist aber heute nicht unser Thema.

DIES ist es heute: Mein Hund ist lieb und sehr verträglich gegenüber jedem anderen Hund und geht an allen neutral vorbei, egal ob angeleint oder nicht ... und dann kommt uns irgendwann - nach Wochen sorgloser Spaziergänge - irgendein Hund entgegen, den er noch nie gesehen hat ... und es knallt! Andererseits gibt es manchmal Begegnungen mit vollkommen fremden Hunden, bei denen tickt mein Hund aus vor Freude und scheint den Fremden heiß und innig zu lieben. Was ist das??

Vielleicht haben Sie ja auch solch einen vierbeinigen Freund an ihrer Seite, der trotz seiner 99%igen Höflichkeit und Verträglichkeit zwei Erzfeinde hat? Und Sie können es sich nicht erklären, warum Ihr Hund unter hunderten möglichen Hunden ausgerechnet die zwei hasst und sonst keinen: es ist nie etwas vorgefallen, oft antworten die anderen Hunde noch nicht einmal, sondern gehen demütig weiter - aber Ihr Hund macht den Rambo.

Was ist das, dass unsere Hunde solch ein rätselhaftes Verhalten zeigen lässt?

Nun, manchmal liegt es definitiv am Aussehen oder der Ausstrahlung des anderen Hundes. Verdächtige Lieblingsfeinde sind häufig zum Beispiel Schäferhunde auf Grund ihres schleichenden Ganges oder Bulldoggen wegen ihrer großen Glubschaugen und der breiten Brust oder Border Collies, weil sie häufig starren. All dies sind Verhaltensweisen, die diesen Rassen angeboren sind und für die sie nichts können. Aber sie bieten anderen Hunden Grund für Besorgnis - oder sogar Hass. Besitzer eines Hundes, der körpersprachlich unschuldig andere Hunde verunsichert oder bedroht, sollten dieses Verhalten am besten sofort unterbrechen, ihn ablenken, ihm ein anderes Kommando geben, eventuell Blickkontakt mit "Schau" abrufen oder ähnliches. Damit hilft man allen: dem eigenen Hund, dem fremden Hund, dem anderen Hundebesitzer und sich selbst. Leider sagen diese Leute meistens: Das ist seine Art zu spielen. Kann ja sein, wird aber leider von Fremden nicht so aufgefasst.

Wenn mein Hund solch einen Erzfeind hat, kann das aber auch Gründe haben, die wir nie erfahren werden. Vielleicht riecht der andere Hund komisch? Vielleicht haben sich beide Hunde (auch mein eigener) durch eine frühere Begegnung so in Abneigung hineingesteigert, dass beide einen hohen Kampfhormonstatus des jeweils anderen riechen und dadurch lieber in Kampfbereitschaft gehen. Hieraus entwickeln sich manchmal unglaubliche Situationen. Eine Bekannte erzählte mir, dass sie genau weiß, wann und wo der einzige Erzfeind ihres Hundes vor ihr gelaufen ist, weil ihr Hund dann nervös und grantig wird, wenn er die Erzfeind-Spur riecht. Inzwischen nimmt sie dann lieber einen anderen Weg.

Umgekehrt und trotzdem ähnlich sind auch extreme Vorlieben und Sympathien unter Hunden nicht immer zu erklären. Dass ein Rüde (auch ein kastrierter) eine hormonell gut riechende vollkommen fremde Hündin toll findet, ist klar. Was aber, wenn zwei unkastrierte Rüden sich super finden oder zwei Hündinnen? Auch das haben wir alle schon erlebt. Ich denke, dass ist durchaus mit unseren eigenen Erfahrungen mit anderen Menschen zu vergleichen. Manchmal mag man jemanden auf Anhieb und weiß gar nicht warum und manchmal ist das Gegenteil der Fall, auch wenn es sich im Nachhinein als falsch heraus stellt. Da der Organismus unserer Hunde uns doch sehr ähnlich ist und sich (das weiß man inzwischen) sogar Gefühle wie Neid, Eifersucht, Unsicherheit, Aggression nahezu genauso aufbauen wie beim Menschen, bin ich mir sicher, dass das auch für Sympathie und Antipathie gegenüber anderen Hunden gilt. Nicht immer kann man sie erklären, es ist nur ein diffuses Gefühl.

Als letztes stellt sich nun die Frage: Was mache ich in solchen Fällen? Okay, wenn mein Hund den anderen offenbar unglaublich gerne mag, kann man sie mal schnüffeln oder spielen lassen. Daraus ergeben sich vielleicht ja sogar menschliche Freundschaften. Aber wenn die Antipathie regelmäßig in Hass umschlägt? Was dann??

Man könnte dem Feind aus dem Weg gehen. Man könnte sich mit dem Feind und dessen Menschen treffen und einen Kaffee trinken. Man könnte dem eigenen Hund auf passende Weise sagen, dass man sein Verhalten nicht duldet und er wenigstens die Klappe halten soll, wenn er sein Gegenüber schon nicht mag. Man könnte den eigenen Hund ablenken und ein Alternativverhalten aufbauen, so dass sich vielleicht demnächst nur der andere und vielleicht noch nicht einmal DER sich bei unseren Begegnungen aufregt. Man könnte auch mit einem kurzen, gleichgültigen, ruhigen "Nein, lass es" einfach locker weiter gehen, freundlich grüßen und kein Aufhebens um die unangenehme Begegnung machen. Mit dem letzten Ratschlag habe ich persönlich die besten Erfahrungen gemacht. Er geht in die Richtung: Machen Sie einfach kein großes Ding daraus, wenn zwei Schnösel sich nicht benehmen können. Denn DAS ist ja das eigentliche Problem: wenn sie sich schon nicht leiden können, könnten sie ja auch still und Blickkontakt vermeidend aneinander vorbei gehen. Auch das sieht man hier und da bei Kontrahenten. Man muss sich ja nicht immer gleich prügeln.

Letztendlich ist meine private Quintessenz inzwischen: Wenn der andere sich aufregt oder unverträglich benimmt, darf meiner das noch lange nicht. Ich erwarte von ihm, dass er meine Hilfen annimmt, die ich ihm gebe, damit er ruhig aus der Begegnung herausgeht - auch wenn sie ihm unangenehm ist. Dafür bin ich an seiner Seite.


Herzliche Grüße

Ihre Martina Nau
und das Baak-Dogwalker-Team